DIE GENISA aus der synagoge Memmelsdorf

Der Begriff Genisa definiert einen Ort zur Aufbewahrung nicht mehr verwendeter religiöser Schriften oder Gegenstände einer jüdischen Gemeinde. "Genisa" bedeutet "Aufbewahrung", Archive oder Bibliotheken wurden oft "Bet ha-Genisa" (Haus der Aufbewahrung) genannt.Genisot waren oft auf Dachböden von Synagogen angelegt, zum Teil nur vorübergehend, um die Gegenstände später rituell zu begraben. Die Tradition des Aufbewahrens von Schriften begründet sich in der jüdischen Gotteserfahrung. Durch die geistige Versenkung in Buchstaben ist Gott unmittelbar präsent. Aus Scheu, achtlos heilige Texte zu beseitigen, in denen die Nähe Gottes erfahren werden kann, wurden im Laufe der Zeit alle in hebräischen Buchstaben verfassten Texte bewahrt. Ebenso wurde mit religiösen Gegenständen verfahren. Viele Genisot gerieten mit der Abwanderung der Juden aus ländlichen Gegenden seit dem 19. Jahrhundert und der Auflösung vieler Gemeinden in Vergessenheit und überdauerten die Zeit zwischen Gerümpel und Schutt versteckt.
Die Genisa aus der Synagoge Memmelsdorf wurde zwischen 1979 und 1982 in Hohlräumen zwischen der nachträglich eingezogenen Decke und dem Dach über dem Synagogenhauptraum wiederentdeckt. Der Hauptteil wurde - zum Teil vermischt mit Schutt und durch Witterungseinflüsse angegriffen - an der Ostseite (über dem Toraschrein) gefunden. Teile der Genisa wurden vermutlich bereits Anfang des 19. Jahrhunderts beim Einbau der Flachdecke entfernt.
Exponate aus dieser Genisa bildeten 20 Prozent einer Ausstellung der Hidden Legacy Foundation, London, die zwischen 1993 und 1996 in vielen deutschen und europäischen Städten, in Jerusalem und verschiedenen Städten der USA zu sehen war. Neben diesen bereits restaurierten Exponaten lagern im jüdischen Dokumentationszentrum in Würzburg, einer Einrichtung des Bezirks Unterfranken und der Stadt Würzburg (Stadtarchiv), etwa 40 weitere Archivkartons mit Schriften und Textilien.
Der Hauptteil der Objekte des Informationsraumes in der Synagoge Memmelsdorf stammt aus der Genisa, deren Eigentümer seit 1995 der Träger- und Förderverein Synagoge Memmelsdorf (Ufr.) ist.
Seit 2020 zeigt das Jüdische Museum in Berlin unter dem Titel „13 Dinge - 13 Geschichten“ Teile einer weiteren Genisa, die in einem Privathaus in Memmelsdorf gefunden wurde.